Jameda muss Ärzte-Profil löschen

Gemäß BGH-Urteil vom 20.02.2018 – VI ZR 30/17 – muss das Bewertungsportal Jameda Ärzte-Profile löschen. Zugrunde lag die Klage einer Ärztin, die in dieser Funktion mit einem Profil bei Jameda aufgeführt war, ohne dass sie sich um ein solches Profil bemüht hatte. Das Profil wurde ohne Erlaubnis Online gestellt. Diese Basisprofil genannten Einträge enthalten Daten von Ärzten, die frei zugänglich sind. Zudem bietet Jameda Ärzten zusätzliche entgeltliche Profile an. In einem einfachen Profil werden nur die Grunddaten angegeben. Diese umfassen vor allem den akademischen Grad, den Namen, die Fachrichtung, die Anschrift und die Kontaktdaten. Darüber hinaus können Patienten auf dem Profil des Arztes eine Bewertung über diesen abgeben, sowohl in Form von Noten als auch in Textform. Daraus ergibt sich eine Durchschnittsnote für den Arzt. Neben diesem Basisprofil kann gegen Entgelt ein erweitertes Profil mit weiteren Informationen hinzugefügt werden, auch ein Foto. Bei den nicht zahlenden Mitgliedern wurde in deren Profil ein werblicher Hinweis auf unmittelbare Konkurrenten mit der gleichen Fachrichtung und aus dem gleichen örtlichen Bereich angezeigt. Die Anzeige umfasst das Profilbild, Entfernungsangaben und die Notenbewertung der anderen, bezahlenden Ärzte. Auf den entgeltlichen Profilen werden keine Konkurrenten angezeigt. Jameda hat geworben, dass Profile der zahlenden Ärzte deutlich häufiger aufgerufen würden und sie durch die Einblendung in Basisprofilen anderer ein gesteigertes Nutzerinteresse erzielen. Jameda hat für die Klägerin ungefragt ein einfaches Profil angelegt. Darauf wurde die Ärztin mehrfach bewertet. Im Jahre 2015 ließ die Ärztin insgesamt 17 abrufbare Bewertungen, die sie für rechtswidrig hielt, löschen. Die Ärztin verlangte nunmehr die vollständige Löschung ihres Profils von der Plattform und Unterlassung der Veröffentlichung eines sie betreffenden Profils.

Das zunächst angerufene Landgericht Köln und die Berufungsinstanz vor dem OLG Köln wiegelt die Klage ab. Das Kommunikationsinteresse des Bewertungsportals überwiege gegenüber dem Interesse der Ärztin auf informelle Selbstbestimmung. Die Werbefunktion durch die entgeltlichen Profile und die dadurch geschalteten Anzeigen wurden als zulässige Möglichkeit zur Erreichung von Aufmerksamkeit als hinnehmbar deklariert.
In einem Urteil aus dem Jahre 2014 – VI ZR 358/13 – entschied der BGH, dass Jameda Profile über Ärzte veröffentlichen darf. Eine Veröffentlichung verstieß nach Ansicht des BGH weder gegen Datenschutzrechte noch gegen das Persönlichkeitsrecht. Der BGH begründete, dass durch die Veröffentlichung zwar die informelle Selbstbestimmung und die Berufsfreiheit des Arztes betroffen sei, das Recht auf Kommunikationsfreiheit des Portals überwiege. Dabei berücksichtigt der BGH, dass es sich bei dem Bewertungsportal um frei zugängliche Informationen handelte, die alleine berufliche Sphären betraf, in der die Betroffenen ohnehin nach Außen in Erscheinung traten. Die Öffentlichkeit habe ein erhebliches Interesse an Informationen zu ärztlichen Dienstleistungen. Das Portal war gemäß BGH eine unverzichtbare Vermittlerperson für den Austausch über Behandlungserfahrungen bei konkreten Ärzten. Unberücksichtigt gelassen wurde in diesem Urteil der Umstand der kostenpflichtigen Werbemaßnahmen gegenüber dem der kostenlosen. Dies war nunmehr Gegenstand der Entscheidung im Revisionsverfahren. Der BGH sprach zu Gunsten der Ärztin den Anspruch auf Löschung ihres Profils und der gesamten dort veröffentlichen Daten zu. Es verurteilte Jameda, es auch zukünftig zu unterlassen, kein Profil mehr über die Ärztin erstellen und veröffentlichen zu dürfen.
Der Bundesgerichtshof wog ab zwischen dem Recht der Ärztin auf informelle Selbstbestimmung gemäß Artikel 2 Abs. 1 i.V.m. Artikel 8 Abs. 1 IMRK mit dem Recht der Bewertungsplattform auf Kommunikationsfreiheit gemäß Artikel 5 Abs. 1 Grundgesetz, Artikel 10 Absatz 1 IMRK. Das Recht der informellen Selbstbestimmung überwog. Begründet wird dies damit, dass Jameda nicht mehr als neutraler Informationsvermittler agiere, wie dies bislang gesehen wurde. Jameda stellt nicht nur eine Plattform bereit, sondern verschafft bezahlenden Ärzten auch Vorteile durch ein Premiumpaket. Der BGH bezog sich auf die Funktion, bei der in den Profilen der Ärzte mit Basisprofil ein Hinweis konkurrierende Ärzte der gleichen Fachrichtung im näheren Umfeld erfolgt, die ein Premiumpaket gebucht hatten. Insoweit sah der BGH die Basisprofile als Werbeplattform für Konkurrenten. Die weiteren Funktionen im Premiumpaket bescherten den zahlenden Kunden versteckte Vorteile, da die Kunden durch diverse weitere Funktionen hervorgehoben werden. Der BGH geht nicht darauf ein, dass durch die Funktion des Premiumpakets potentielle Patienten stärker zum Premiumkunden gelenkt werden sollen. Dagegen stellt der BGH klar, dass Jameda die Kunden mit den Basisprofilen zur Übernahme der zahlungspflichtigen Profile animieren will. Aufgrund dieser Funktion wird die neutrale Informations-Vermittlerfunktion von Jameda negiert. Wenn Jameda nicht mehr als neutraler Informationsvermittler auftritt, kann ein Überwiegen der Kommunikationsfreiheit nicht mehr angenommen werden und das Recht auf informelle Selbstbestimmung und das Persönlichkeitsrecht der Ärztin überwiegt. Verlässt der Portalbetreiber seine neutrale Stellung, können seine Interessen nicht mehr vorrangig sein. Insoweit wurde der Ärztin ein schutzwürdiges Interesse der Löschung ihrer Daten zuerkannt